Molekül mit Weltruhm - über die Rolle der Stickoxyd-Synthase im Schleimpilz
Wien (FWF) - 1992 wurde es zum Molekül des Jahres ernannt. 1998 erhielten drei Wissenschaftler den Nobelpreis für ihre Arbeiten rund um dieses bereits berühmte Molekül. Heute kann Georg Golderer vom Institut für Medizinische Chemie und Biochemie an der Universität Innsbruck über weitere bislang unbekannte Neuigkeiten berichten. Die Rede ist von Stickstoff Monoxid (NO), einem Molekül, das in tierischen Organismen eine Reihe wesentlicher Funktionen inne hat. Golderer und sein Team haben, unterstützt vom FWF, dieses Enzym auch in einem nicht tierischen Einzeller, dem Schleimpilz Physarum polycephalum, nachgewiesen und seine biologische Rolle festgestellt.
Der Schleimpilz kann unter Laborbedingungen gezüchtet werden und stellt ein gut etabliertes zellbiologisches Modell dar. Er eignet sich dadurch ideal für die Untersuchungen Golderers, dem es in seinem Projekt um die Erreichung zweier Ziele ging. "Stickstoff Monoxid ist ein kleines gasförmiges Molekül, das in der Zelle viele Signalwege beeinflusst. So wirkt es in tierischen Organismen zum Beispiel als Neurotransmitter, ist an der Regulation des Blutdrucks beteiligt und spielt in der Immunantwort eine vielfältige Rolle. Aus nicht-tierischen Organismen war zwar NO-Synthase Aktivität bekannt, aber durch keinerlei Sequenzdaten zugänglich. Unser erstes Ziel war es daher, die NO-Synthase-Aktivität im Schleimpilz nachzuweisen und das Enzym zu charakterisieren", erklärt Golderer. "Wir konnten das Enzym aus dem Organismus reinigen und klonieren und somit die erste nicht-tierische NO-Synthase charakterisieren."
Tragende Rolle bei der Zelldifferenzierung
Als zweites Ziel hatte Golderer sich die Aufklärung der biologischen Funktion der NO-Synthase innerhalb des Schleimpilz-Organismus vorgenommen. Auch dieses Ziel hat er erreicht. "Gerät der Schleimpilz in eine Phase des Hungers oder des Austrocknens, so ist er in der Lage, rechtzeitig vor dem Tod Sporen zu bilden und sich somit fortzupflanzen. Diesen Vorgang nennt man Differenzierung. Wir haben festgestellt, dass in der, der Differenzierung vorangehenden Hungerphase NO in großer Menge produziert wird", erläutert Golderer. Das Enzym spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Sporenbildung. Dabei fungiert es als Signalmolekül, das eine ganze Reihe an Reaktionen auslöst und letztlich die Ausbildung von Fruchtkörpern (Sporen) steuert. Damit wurde eine neue Rolle des NO-Signalweges beschrieben: Die Kontrolle bei der Zelldifferenzierung.
Regulatorische Details
Die Einzelheiten dieses Vorgangs sind noch nicht bekannt. Sie will Golderer in den nächsten Jahren untersuchen. "Wir kennen nun die zentrale Bedeutung der NO-Synthase im Schleimpilz. Das ist ein wesentlicher Fortschritt. Aber wir wollen zum Beispiel auch feststellen, welche Proteine das Molekül anspricht, welche Reaktionen im Detail es wo auslöst und welche Funktionen damit verbunden sind", schließt Golderer. Dadurch erhofft sich Golderer das Verständnis noch unbekannter zellulärer Steuerungskonzepte, welche von allgemeiner biologischer Relevanz sind. Hier sieht Golderer ein wichtiges Arbeitsgebiet für die Grundlagenforschung in seinem Bereich.
Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Georg Golderer
Universität Innsbruck, Institut für Medizinische Chemie und Biochemie
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Aussender
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T 01 710 85 99
Wien, am 29. August 2001